Über den Tellerrand geschaut

Nicht das Virus ist unser Problem, unsere Sorge, unsere Not und Angst, sondern das, was wir daraus machen. Das Resultat, die Umstände, unter denen wir im Augenblick leben, haben wir selber geschaffen. Dabei spielt die Kommunikation eine bedeutende Rolle. Wir lesen und sprechen von „Krise“ und „Katastrophe“ (Flüchtlingskrise, Klimakatastrophe, Corona-Pandemie), um dem Ganzen eine wortgewaltige Macht zuzuschreiben. Wir, das sind die in der Politik und in den Medien, wir, das sind die Menschen, die Macher der Krise. Wir, das sind aber auch Menschen, die sich tagtäglich fragen, wie sie mit den selbst (ge- und) erschaffenen Umständen, oder besser Einschränkungen, die durch die Corona Pandemie so unvermeidbar zu sein scheinen, umgehen. Dabei ist das derzeitigen Verhalten unserer Gesellschaft analog zu einem seelisch kranken Menschen zu sehen und zu verstehen. Er kämpft gegen sein selbst ins Leben gerufenes Konstrukt. Er ist damit Täter und Opfer zugleich. Dabei meint er, es gebe nur eine von ihm vielleicht mal wirksame Methode, mit dem Problem fertig zu werden, die Vermeidung, die Flucht vor dem Virus. Ihm fehlt die Einsicht und das Verständnis, dass diese Strategie vielleicht nicht angemessen und durchaus überholt oder/und noch nie wirklich wirksam war. Unter dem gutgemeinten politischen Plan, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen, macht der Staat genau das, was den Menschen schadet: er schränkt das gemeinschaftliche Leben ein. Hinter dem Vorwand, ihm gehe es primär um den Schutz oder die Sicherheit jedes Einzelnen (denken sie mal darüber nach, ob nicht die Motivation des Staates eine ganz andere sein könnte: Kontrolle, Macht, Bevormundung) führt er Beschränkungen ein, die vor allem das soziale Leben der Gesellschaft betreffen, angeblich um den „Feind“ zu bekämpfen. Da das Virus – übrigens wie alle Viren – genau die „Schwäche“ des Menschen nutzt, nämlich dass dieser sozialen Kontakt, Austausch, Nähe usw. braucht oder besser nötig hat (im Wort steckt die „Not“, in die der Mensch ohne sozialen Kontakt gerät), muss die Strategie Schiffbruch landen. Immer, wenn wir die Einschränkungen zurückfahren, werden wir feststellen, dass das Virus wieder auf dem Vormarsch ist. Dabei ist es egal, welche Einschränkungen es betrifft, die wir zurückfahren (z.B. das Reisen, Mund-Nase-Schutz, Abstand). Das Virus wird dableiben, auch, wenn wir mal annehmen, dass wir die sozialen Kontakte auf Null zurückschrauben. Die Folge und gewiss die Sorge ist, dass es zu einem erneuten Lockdown käme. Er ist nun immer in ängstlicher Erwartung. Genau hier setzt das uns so bekannte Verhalten eines seelisch kranken Mensch an: er handelt eher im Sinne „mehr desselben.“ Wenn schon unser Mund-Nase-Schutz nicht auszureichen scheint, müssen weitere Maßnahmen/Einschränkungen umgesetzt werden. Dabei ist er überzeugt, dass dies die einzig sinnvolle Lösung ist. Er ist nicht in der Lage, „über den Tellerrand zu blicken.“ So muss auch eine zweite Welle folgen, weil er nun erwartet, dass die Einschränkungen (Abstand halten, Mund-Nase-Schutz) notwendig waren und weil er ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass dieses Gesetz („wenn etwas mir mal geholfen hat, dann wird es mir immer helfen“) für immer fortbestehe. Dieser Irrsinn ist – nebenbei erwähnt – nicht nur beim Menschen, sondern auch bei den uns nahestehenden Säugetieren nachweisbar. Wir denken, dass Einschränkungen tatsächlich das Problem „Virus“ lösen. Dabei wurde bereits in der WHO ein Szenario dieser Art durchgespielt. Ergebnis: keine unserer jetzt getroffenen Maßnahmen sind auf Dauer geeignet, das Problem zu lösen.

Eine wesentliche Rolle spielt hier die selbsterfüllende Prophezeiung: dadurch, dass mehr Coronainfizierte unter den Reiserückkehrern erwartet (ängstliche Erwartung) werden, testen wir mehr. Wenn wir mehr testen, werden wir mehr Infizierte finden. Wenn wir mehr Infizierte identifizieren, interpretieren wir dies als Beginn einer „zweiten“ Welle und fühlen uns in unserer „Vorsicht“ bestätigt. Wir weiten die Tests aus, woraufhin die Anzahl der Infizierten steigt. Dies fördert die ängstliche Erwartung, die durch des Staates Maßnahmen (Sicherheit durch Einschränkungen) „beruhigt“ werden. Und schon sind wir im circulus vitiosus von der Notwendigkeit der Einschränkungen.