Studie

(im "Deutschen Ärzteblatt" veröffentlicht)

 "Hochfrequente Selbsttestung von Lehrenden auf SARS-CoV2 mit einem Antigen-Schnelltest"

 Finanziert und beauftragt vom Hessischen Kultusministerium und Hessischen Ministerium für Integration und Soziales. Es wurden Lehrer/innen zur Selbsttestung mit einem SARS-CoV2 Antigenschnelltest (R-Biopharm) eingeladen. Die Testungen wurden für die Testdauer von sieben Wochen, alle 48 Stunden, durch die Lehrkräfte selbst durchgeführt, ausgewertet und dokumentiert. Die Motivation zur Durchführung der Studie wird nicht näher erklärt. Ich nehme aber an, dass das Ziel gewesen ist, Selbsttestungen zu rechtfertigen. Denn, falls das Ergebnis der Studie positiv ausfiele (die meisten SARS-CoV2 Infektionen werden entdeckt), können Selbsttestungen eine gute Alternative zu der ärztlich angeordneten Testungen sein.

 Ergebnis:

Teilnehmer/innen 711 Lehrkräfte von 86 Schulen

635 der 711 Lehrkräfte reichten Dokumentationsbögen ein

11385 Antigenschnelltests wurden durchgeführt

49 ungültige (0,43%) Antigentests (keine Färbung der Kontrollbande)

21 positive (0,18%) Antigentests. Die positiven Testergebnisse wurden mittels PCR überprüft:

5 Fälle mit (23,8%) bestätigter Infektion

16 Fälle mit falsch positivem Antigentest (76,2%)

 1)Das Fazit der Studie durch die Autoren:

a)"Durch Selbsttestung...konnten Fälle einer SARS-CoV2 Infektion frühzeitig entdeckt, und so potentielle Übertragungen... verhindert werden"

b)"76,2% der positiven Antigentests waren falsch positiv....müssen also zeitnah überprüft werden, um mögliche Verunsicherung und Implementierung nicht notwendiger Isolationsmaßnahmen zu minimieren. "

c)"Besonders effektiv war die Testung...wenn Symptome vorlagen...bei hoher lokaler Inzidenz"

d)"Da es auch zu falsch negativen Befunden kommen kann...keine Lockerung der lokal bestehenden Hygienemaßnahmen"

e)"Die Möglichkeit falsch positiver und – negativer Befunde sollte dem Anwender bewusst sein"

 2)Mein Fazit:

-Wie bereits von mir mehrfach (s. vorherige Beiträge) angeführt und vom RKI bestätigt, führt das viele Testen bei geringer Vortestwahrscheinlichkeit (Lehrer, Erzieher...) unweigerlich zu einer bedeutsamen Anzahl von falsch positiven Befunden (hier 16).

-Man möge sich vor Augen führen: 5 echt positive Ergebnisse bei 11385 Testungen (0,04%)! Was für ein Aufwand. Nicht nur Zeit (und Geld), die diese Maßnahmen kosten, sondern auch die Sorge um das richtige Durchführen, schließlich die Angst, ein positives Ergebnis zu erhalten und die daraus folgende Konsequenzen ertragen zu müssen. Ich mag auch hier auf die langfristige Konsequenz der Entwicklung einer "Coronaneurose" hinweisen. Der Schaden daraus ist nicht beziffert und wird wohl auch in naher Zukunft nicht erfasst werden. Doch irgendwann dürfte auch diese Pandemie zum Abebben kommen und dann gilt es den daraus resultierenden Schaden anzusehen.

-Das Fazit "durch Selbsttestung...potentielle Übertragungen verhindert..." ist weit über das Ziel hinausgeschossen! Wer das behauptet, behauptet gleichzeitig, die anderen Schutzmaßnahmen (Alltagsmaske, Hygiene, Abstandsregel) hätten nichts bewirkt. Das ist eine Anmaßung, die belegt werden muss. Insofern hätte es einer Kontrollgruppe bedurft (OHNE Selbsttestung, nur mit den AHA Maßnahmen). Ein schier unglaublicher Fehler díeser Studie!

-Meines Erachtens – und so lautet immer wieder meine Kritik im Rahmen der Corona Pandemie – wird hier "mit Schrot geschossen", viel Testen ohne vorher nachzudenken, statt gezielt auf Gruppen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine Infektion zuzugehen. Diese Gruppen sind hinreichend bekannt:

Menschen, die mit Covid-19 Patienten zu tun haben, Menschen, die viele Erkrankungen haben (Multimorbidität), Personen, die gepflegt werden müssen, Personen aus unteren sozialen Schichten, Personen, die psychisch schwer erkrankt sind, Menschen mit spezifischen Vorerkrankungen (COPD, Bluthochdruck, KHK, Adipositas > 40kg/m2 (BMI) etc.)

Diese Kritik scheint den Autoren "vorbewusst" zu sein. Denn unter "c" weisen sie darauf hin, dass eine "hohe lokale Inzidenz" "effektiv" sein kann.

-Besonders das Fazit unter "c" ist bemerkenswert: "Besonders effektiv war die Testung...wenn Symptome vorlagen". Heißt das nicht auch: wer an Symptomen (die mittlerweile allen bekannt sein dürften) leidet, den sollte man sich näher anschauen? Wenn das so ist, dann kann ich mir allerdings das Testen auch schenken. Denn wer krank ist, der sollte gefälligst zuhause bleiben. Diese Konsequenz mögen die Autoren nicht ziehen. Das verwundert ja auch nicht, da der Initiator der Studie das Land Hessen ist, das eine ganz eigene Motivation zur Durchführung der Studie mitbringt.

-Nicht unerwähnt bleiben sollten bei dieser äußerst niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit die relativ hohe Anzahl ungültiger Testergebnisse. Sie liegen nämlich über dem der echt positiven Befunde. Dem Land Hessen sollte spätestens an dem Punkt klar werden:

Selbsttestungen sind bei niedriger Vortestwahrscheinlichkeit (hier Lehrkräfte) vollkommener Blödsinn!