...in der psychotherapeutischen Praxis
Ansgar Hantke

Als Ärztlicher Psychotherapeut und Facharzt für Allgemeinmedizin biete ich Ihnen eine vorwiegend tiefenpsychologisch-fundierte psychotherapeutische Behandlung an und bin zusätzlich Ansprechpartner bei allen Gesundheitsfragen der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung sowie in Krisensituationen.

 

Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann,

was er will, sondern dass er nicht tun muss, was er nicht will

(Jean-Jaques Rousseau)

 

Rousseau hat schon geahnt, dass es keine absolute Freiheit im Denken, Fühlen und Handeln gibt. Der Mensch ist also nicht frei. Die einzige Freiheit dürfte in seiner Entscheidungsmöglichkeit zu finden sein, "Nein" zu dem zu sagen, was an Impulsen und Ideen ins Bewusstsein dringen

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Die Begriffe Emotion und Affekt werden synonym verwendet. Je nachdem, wen sie vor sich haben, wird der eine-eher der Wissenschaftler-den Begriff Emotion, der andere-eher der Praktiker (Psychotherapeut, Psychoanalytiker)-den Begriff Affekt wählen. Gemeint ist in beiden Fällen eine nach Außen gut sichtbare körperbetonte bzw. körpernahe, ja, klassisch psychosomatisch zu bezeichnende Gefühlsregung (z.B. Ekel, Wut, Angst). Dagegen meint Gefühl im engeren Sinne-je differenzierter, umso körperferner-eine Gefühlsregung, die das Subjekt häufig nur allein erfassen kann, sich also nach Außen weniger darstellt.

Auch aus der wissenschaftlichen Perspektive gilt es klar, eine Trennung von Emotion und Gefühl vorzunehmen. Warum? Eine Emotion ist nicht nur eine überwiegend körperbetonte, sondern auch eine in größten Teilen unbewusste körperliche Reaktion auf einen emotional besetzten Reiz. Sie haben wenig Einfluss darauf, und dies ist auch gut so (gewesen)! In der Evolution hatte es sich nämlich als höchst vorteilhaft erwiesen, ein spezifisches Reiz-Reaktion-Muster abzurufen ohne das Bewusstsein zu involvieren, da dies zu einer unnötigen zeitlichen Verzögerung geführt hätte. Stellen Sie sich zum Beispiel mal vor, sie hätten in grauer Vorzeit in der Savanne gelebt. Zusammen mit all den wilden Tieren. Es wäre gewiss wenig sinnvoll gewesen, das spezifische Knurren, das sie gerade hörten, infrage zu stellen und sich noch mal davon zu überzeugen, ob es wirklich von einem Löwe stamme. Dies hätte schlichtweg ihnen das Leben kosten können. Insofern galt es ohne Nachzudenken die Beine in die Hand zu nehmen und das Weite zu suchen.

Während mit Präsentation des emotional besetzten Reizes die Emotion quasi sofort (im Millisekundenbereich) folgt, entwickelt sich ein Gefühl meist über Sekunden hin. Das Gefühl bedarf nämlich eines bewussten Prozesses und bewusste Prozesse nehmen üblicherweise in unserem Gehirn mehr Zeit in Anspruch. Doch dies ist nicht die ganze Wahrheit.Tatsächlich verhält es sich so, dass einer Emotion ein Gefühl folgt, und aufgrund dieser Abfolge das Gefühl natürlich nach Außen den Eindruck verschafft, als hänge es hinterher. Diese Tatsache können wir manchmal als besonders unangenehm erleben: bei Konfrontation mit einem emotional besetzten Reiz, der in ihnen z.B. die Emotion Scham abruft (rot werden), ist diese für einen Außenstehenden schneller sichtbar als ihnen bewusst. Dies wird im Rahmen von Verhören deshalb gern genutzt.

Bei weiterer schon fast mikroskopischer Betrachtungsweise entpuppt sich hinter dem Begriff Gefühl eine körperlich-seelische Verfassung, in der sich der Betroffene erlebt. Da jedes Gefühl auch immer innere Vorstellungsbilder aktiviert, die wiederum von spezifischen zu diesem Gefühl passenden Gedanken begleitet werden, gelingt eine Trennung zwischen Gefühl und Verfassung kaum. Ob eine Trennung überhaupt sinnvoll erscheint ist meines Erachtens zweifelhaft. So werden Sie erkennen, dass jedes Individuum eine ganz eigene Vorstellung über ein bestimmtes Gefühl-zum Beispiel Traurigkeit-entwirft. Dies hat zur Folge, dass der Ausdruck eines bestimmten Gefühls-bleiben wir ruhig bei Traurigkeit-zwischen Menschen sich ganz unterschiedlich präsentiert. Sogar innerhalb eines Individuums kann der Ausdruck variieren. Gleichzeitig zeigt sich keine lineare Beziehung zwischen dem erlebten Ausmaß des Gefühls und der Außendarstellung.

Nach dem Neurowissenschaftler Antonio Damasio stellt das Gefühl eine Wahrnehmung dar, wie das Sehen, das Hören oder das Schmecken. Er behauptet, dass das Gefühl einer Körperwahrnehmung entspricht, im besten Fall-wie oben schon beschrieben-in einer für das Individuum typischen körperlichen und seelischen Verfassung mit einer bestimmten Art zu denken und zu diesem Gefühl passenden Gedanken. Wie das Sehen oder das Hören in spezifischen Zentren des Gehirns (Sehrinde, Hörrinde) über die Sensorik eintreffende Informationen weiterverarbeitet werden, so werden wohl Signale aus dem inneren Milieu des Körpers in für sie zuständige Regionen weitergeleitet. Nach den Neurowissenschaftlern dürften dies die sogenannten somatosensorischen Regionen sein. Dabei dürfte der Inhalt von Gefühlen entsprechend den Inhalten von Sehen, Hören, Schmecken, Riechen oder Tasten neuronalen Mustern entsprechen, die in für sie entsprechenden Bereichen des Gehirns ein spezifisches Bild zeichnen. Hier spricht Damasio von Kartierungen. Ich würde eher von Innerer Bühne sprechen. Denn Ergebnisse von Forschungen zeigen auch, dass wir alle Daten in Form von Bildern registrieren (so werden auch Schmecken, Riechen oder Hören bildlich dargestellt).

Von dem Gefühl wieder zurück zur Emotion. Letztere hatte ich als unbewusste körperliche Reaktion auf einen emotional besetzten Reiz beschrieben gehabt. Nun gilt es zwischen Emotion und Gefühl eine Brücke zu schlagen. Die Emotion hinterlässt ein für sie typisches an Haltung, Gestik und Mimik sichtbares Körperbild. Dabei stellen sich Muskulatur, Gelenke, Wirbelsäule, Extremitäten, Kopf und innere Organe genau darauf ein. Ursache hierfür sind neuronale (z.B. über das vegetative Nervensystem) und humorale (über das Blutgefäßsystem) Boten(stoffe), die Prozesse auslösen, die als Folge einer spezifischen Emotion in Gang gesetzt werden. Die Veränderungen dieses inneren Milieus wiederum führen zu Modifikationen neuronaler Muster, die sich im Gehirn in spezifischen Regionen abbilden. Als Säugetiere mit Bewusstsein sind wir nun in der Lage, diese Veränderungen der neuronalen Muster als Gefühl oder Verfassung wahrzunehmen. Übersetzt: Nervenzellen senden regelmäßig Signale, diese Regelmäßigkeit wird als Muster bezeichnet. Wenn dieses Muster z.B. durch eine höhere Muskelspannung verändert wird, führt das zu einer anderen Wahrnehmung, einem anderen Gefühl. Natürlich kommt es nicht gleich aufgrund einer Veränderung des neuronalen Musters einer Nervenzelle zu einer anderen Wahrnehmung. Dazu bedarf es vieler Nervenzellen mit Veränderung des neuronalen Musters sowie eines besonderen Stellenwerts im Nervensystem. Es gilt also einerseits eines gewissen Schwellenwertes, damit Signale weitergereicht werden, andererseits Nervenzellen an besonderen Schaltstellen.

Fortsetzung folgt

 

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