Eine von Anna Freud erstmals beschriebene Theorie über die Auseinandersetzung des Ich mit seiner inneren und äußeren Umwelt nennt dieses zentrale Werkzeug eines jeden Menschen, die Abwehrmechanismen.

Je nach Persönlichkeit stellen die Abwehrmechanismen einen mehr oder weniger gelungenen Versuche dar, mit den inneren und äußeren Erfordernissen und Erwartungen im emotionalen Sinne „klarzukommen“, umzugehen. Ein jeder Mensch gebraucht sie, nicht nur, weil sie unser Leben leichter gestalten, sondern vor allem, um nicht von den vielen Frustrationen unseres alltäglichen Lebens umgeworfen zu werden. So dürfen wir uns einen Abwehrmechanismus wie eine Art Grenze, Zaun oder Mauer vorstellen, der sich qualitativ und quantitativ von Mensch zu Mensch erheblich unterscheiden kann. Wie jede Grenze dient er ursprünglich als Schutz, gleichzeitig kann er aber im Krankheitsfall zu einem erheblichen Hindernis werden. Als Beispiel stellen wir uns den Abwehrmechanismus als einen hohen Zaun mit Sichtschutz vor, um anderen (von außen) die Einblicke in die Privatsphäre zu versperren. Doch wird hieraus schnell erkennbar, dass ein Zaun mit solchen Dimensionen den Blick nach außen be – und im schlimmsten Fall verhindert. Bezogen auf den Abwehrmechanismus kann dieser so unangemessen sein, dass dieser mit der Folge der Einschränkung eigener Bedürfnisse (nach Freiheit, Austausch, Offenheit) einhergeht. Je größer die Einschränkungen durch den Abwehrmechanismus, umso unreifer. D.h., was kostet mich dieser Abwehrmechanismus, wie sehr werde ich in meinem Leben eingeschränkt? Wir unterscheiden nämlich zwischen reifen und unreifen Abwehrmechanismen. Wenn Sie also sprichwörtlich mit „Kanonen auf Spatzen schießen“, verwenden Sie sehr wahrscheinlich einen unreifen Abwehrmechanismus.

Beispiel: Menschen, die an einer Psychose leiden, können sich unter Umständen gegen die Übergriffigkeit (z.B. weil der Betroffene sich bevormundet fühlt) nicht anders wehren, als einen Verfolgungswahn (Paranoia) zu entwickeln. Der Abwehrmechanismus, der hier greift, nennt sich „Projektion“. Hier werden die eigenen aggressiven Impulsen (z.B. Wut) dem anderen zugeschrieben, nämlich dem, durch den sich der Betroffene bevormundet fühlt. Dadurch befreit sich der Betroffene von den eigenen aggressiven Impulsen, muss allerdings dafür einen hohen Preis bezahlen: die Wirklichkeit und die Wahrnehmung müssen so verzerrt und verändert werden, dass der andere glaubhaft für die Außenwelt „der Böse“, „der Aggressive“ ist, vor dem man fliehen muss.