In der Tiefenpsychologie spielt der Konflikt die zentrale Rolle bei der Entwicklung seelischer Erkrankung. Per definitionem handelt es sich dabei nicht um einen bewussten Konflikt wie zwischen Individuen/Gruppen/Gesellschaften/Völkern, ist also kein bewusster interpersoneller oder äußerer Konflikt. Es handelt sich auch nicht um einen bewussten Konflikt in einem Individuum, ist also auch kein bewusster intrapersoneller Konflikt. Das Wesentliche ist, dass dieser ursprünglich bewusste Konflikt aufgrund von schmerzhafter und höchst unlustvoller seelischer Erfahrung ins Unbewusste verdrängt bzw. abgewehrt wurde, also zu einem unbewussten intrapersonellen Konflikt wurde. Er steht dem Erleben des Betroffenen aktuell nicht zur Verfügung (er erinnert ihn nicht). Bei genauerer Betrachtung liegt die Ursache in der frühen Kindheit, wo der Betroffene einen Entwicklungsschritt oder eine Entwicklungsleistung nicht erfolgreich hat abschließen können, weil er in einen für ihn damals unlösbaren Konflikt geraten war. Um aus diesem Konflikt heraus-zukommen, gilt es nun im Hier und Jetzt eine Lösung zu finden, die den Umständen entsprechend und der Person angemessen gestaltet werden muss.

 

Doch warum entwickeln sich solche Konflikte? In der ersten Annäherung würde die Antwort lauten, die Konflikte entwickeln sich aus ursprünglich gegensätzlichen Tendenzen. Diesen sieht sich das Kleinkind gegenüber ausgesetzt und muss den daraus sich entwickelnden Konflikt mit der Hilfe von gesunden Psychen (von Erwachsenen) und ihm inzwischen (durch die bisherige Entwicklung) zu eigen gewordenen Werkzeugen (Fähigkeiten) befriedigend lösen. Fehlt ausreichend Unterstützung und war auch die bisherige Entwicklung von Störungen gehemmt, kann die Seele des Kleinkindes in ein für sie unlösbares Dilemma geraten. Um mit diesem Konflikt/Dilemma zukünftig fertig zu werden, schafft Seele Tatsachen: der Konflikt/das Dilemma wird in das Unbewusste verdammt, um energetisch effizient ein halbwegs Funktionieren zu gewährleisten (ich nenne es dann „es ist aus dem Kopf“). Wir nennen diesen Prozess dann „suboptimal gelöst“. Suboptimal, weil der Konflikt/das Dilemma verdrängt, aber nicht wirklich gelöst wird. Damit der Konflikt nicht ins Bewusstsein gelangt, bedarf es allerdings einer ganzen Armee von seelischen Abwehrmaßnahmen, die dem Kleinkind zu diesem Zeitpunkt schon als Werkzeuge zur Verfügung stehen. Diese Abwehrmaßnahmen oder Abwehrmechanismen sind deshalb notwendig, weil der in jedem Individuum innewohnende Selbstheilungsprozess zur Aufdeckung drängt.